Utopia (Roman)

Frontispiz der Ausgabe von 1518

Utopia [uˈtʰoːpi̯ɑ] (IPA-Lautschrift) – Erstdruck 1516 unter dem Titel: Libellus vere aureus, nec minus salutaris quam festivus, De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia („Ein wahrhaft goldenes Büchlein, nicht minder heilsam als unterhaltsam, Von der besten Verfassung des Staates und von der neuen Insel Utopia“) – ist ein von Thomas Morus (1478–1535) in lateinischer Sprache verfasster philosophischer Dialog, der Anfang des 16. Jahrhunderts zunächst in Belgien erschien. Der Londoner Bürger und Undersheriff, spätere Speaker und Lordkanzler stellt darin die Schilderung einer fernen idealen Gesellschaft vor und gab damit den Anstoß zum Genre der Sozialutopie.[1]

Die Erstveröffentlichung 1516 in Löwen geschah auf Betreiben von Morus’ engem Freund, dem Humanisten Erasmus von Rotterdam (um 1467–1536). Herausgegeben wurde das Werk unter Mithilfe des Antwerpener Stadtschreibers Pieter Gillis (latinisiert Petrus Aegidius; 1486–1533) und des Druckers der Löwener Universität Theodor Martin von Aelst; weitere Drucke folgten 1517 in Paris und 1518 in Basel. Die erste Übersetzung ins Deutsche – unter dem Titel Von der wunderbarlichen Innsel Utopia genant/ das ander Buch/ … – erschien 1524 in Basel und enthielt nur den zweiten Teil.[2]

Zu dem Werk inspiriert wurde Morus durch den italienischen Autor und Ordenspriester Peter Martyr Vermigli, der von Menschen auf einer Insel sprach, „die in einem Goldenen Zeitalter“ leben. Vermigli beruft sich auf Aufzeichnungen des Mönchs Ramón Pané, den Christoph Kolumbus ins Landesinnere von Hispaniola schickte und der dort einige indigene Gruppen vorfand. Der Umstand der starken Autarkie in den beschriebenen Gesellschaften löste bei einigen Europäern Bewunderung aus und regte Morus zum Schreiben seines Romans an.[3][4]

Der Holzschnitt in der Ausgabe von 1516 zeigt eine Insel, deren Umriss einer Mondsichel ähnelt

Rahmenhandlung ist ein Aufenthalt Morus’ in Antwerpen, wo er seinem geschätzten Freund Peter Ägidius und einem Fremden begegnet, der als belesener, weitgereister Portugiese und angeblicher Reisegefährte Vespuccis vorgestellt wird. Morus erinnert sich an ihr Gespräch und gibt Erzählungen und Berichte des Weltreisenden wieder, der eine Zeit lang auf einer Insel namens Utopia bei den dortigen Utopiern gelebt haben will. Die beschriebene Gesellschaft mit demokratischen Grundzügen basiert auf rationalen Entscheidungen, Gleichheitsgrundsätzen, Arbeitsamkeit und dem Streben nach Bildung. In dieser Republik ist aller Besitz gemeinschaftlich, Anwälte sind unbekannt, und unabwendbare Kriege werden bevorzugt mit ausländischen Söldnern geführt.

Das Buch war so prägend, dass danach Romane, die eine erfundene positive Gesellschaft darstellen, als utopischer Roman oder Utopie bezeichnet werden. Beispiele hierfür sind La città del Sole (1623; dt. Der Sonnenstaat) von Tommaso Campanella, Nova Atlantis (1627; dt. Neu-Atlantis) von Francis Bacon, A Modern Utopia (1905; dt. Jenseits des Sirius) von H. G. Wells, Island (1962; dt. Eiland) von Aldous Huxley oder Ecotopia (1975; dt. Ökotopia) von Ernest Callenbach im Anschluss an Utopia.

Das Genre des utopischen Romans wird heute oft als Bereich der Science-Fiction aufgefasst.

  1. Rudi Palla: Die Kunst Kinder zu kneten. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 1997, S. 33 f.
  2. (dl.ub.uni-freiburg.de, Digitalisat) der Universitätsbibliothek Freiburg i. Br.
  3. David Abulafia: Das unendliche Meer – Die große Weltgeschichte der Ozeane. S. Fischer. 2021, S. 581.
  4. David Abulafia: Discovery of mankind. Yale University Press, 2009, S. 181.

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